Funkmast statt geschichtliches Denkmal?
Das "Schänzel" ist nun für immer verschwunden
Eine im Dreißigjährigen Krieg errichtete Militärschanze im Dilsberger Bannholz wurde bei Holzfällarbeiten vernichtet
Von Frans Hermans
Neckargemünd-Dilsberg. Die Geschichte der "Schwedenschanze" hält sich hartnäckig. Während des Dreißigjährigen Krieges soll das schwedische Militär eine Schanze auf der Bergnase im Dilsberger Bannholz errichtet haben. In den Archiven finden sich aber keine Hinweise auf das Anlegen oder die Urheber dieser Schanze. Mehrere Forscher und Archäologen haben nach ihr gesucht. Jetzt werden sie sie nicht mehr finden, denn bei Holzfällarbeiten wurde sie nun wohl zerstört.
Geblieben ist im Volksmund, mit oder ohne Belege, aber über Jahrhunderte die Bezeichnung "Schänzel". Auf der Straße hoch zum Dilsberg, noch vor der Abzweigung nach Mückenloch, bieht nach rechts der Bannholzweg ab. Von ihm geht nach links die Seitenstraße "Am Schänzel" ab. Wer nun diese Ortsstraße weiter verfolgt und dann nach links den Waldweg zum wasserhochbehälter einschlägt, kann unschwer im dortigen Waldgebiet nahe dem Wasserhochbehälter erkennen, dass hier von Menschenhand in die natürliche Entwicklung des Waldes eingegriffen wurde. Dort soll die "Schwedenschanze" sein.
Das Wurzelwerk des Waldes ließ die ersten Grabungsversuche des Heidelberger Professors Pfaff 1894 nicht zu Ende kommen. Nicht viel später versuchten sich der Dichter Hottenroth (Verfasser und Spielleiter der "Rose von Dilsberg") und Dilsberger Gastwirt nach den Grabungen Pfaffs ebenfalls als Archäologen. Immerhin stießen sie auf Fundstücke - was von ihnen wurde, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Es waren angeblich ein Degen und eine Lanzenspitze.
Aus ideologischen Gründen lebte 1937 wieder Versuche auf, der Schanze das eine oder andere Geheimnis zu entreißen, doch endete das groß angelegte Unternehmen offenbar ohne Erfolg. Erst 1962 nahmen sich die Wissenschaftler der Dilsberger Schanze an. Unter Leitung des Heidelberger Denkmalpflegers Dr. Bernhard Heukemes führten einige freiwillige Helfer eine Grabung mit der Absicht durch, die Schanze exakt zu vermessen. Das tat am 18. August 1962 der Dilsberger Vermessungstechniker Heinz Kreis: Die Schanzenfläche soll ein ungleichmäßiges Rechteck mit einer Fläche von circa 13 Ar sein.
Bei den Freilegungsarbeiten an den Gräben der Umfassungsmauern, der Dilsberger Bürgermeister Wirth hatte 1937 noch als Maße für die Trocken-Sandsteinmauern eine Breite von 0,9 und eine Höhe von 0,6 Meter angegeben, wurden 1962 auch einige Funde geborgen: eine eiserne Feldschlangenkugel mit einem Durchmesser von einem halben Zentimeter, Bleibatzen und -kugeln von Musketen, Teile von Schanzgeräten nebst diversen Eisenstücken. Außerdem wurde ein gut erhaltener Siegelstempel gefunden, einen von links nach rechts galoppierenden Reiter darstellend, links und rechts am Kopf die Initialen "F" und "T", wobei das T von einem S umschlungen ist. Bis heute konnte dieses Siegel noch nicht identifiziert werden. Bei einem Kontrollgang 1980 im Schanzengelände fand sich noch eine halbe Feldschlangenkugel.
Die "Schwedenschanze" ist durch Sturmschäden und Witterungseinflüsse schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Verschwunden sind auch die 1962 entdeckten zwei "Unterstände" links der Schanze in Richtung Dilsberg. Vermutlich sind sie im Zuge der Buaarbeiten am Wasserhochbehälter 1972 zugeschüttet worden. Sichtbar waren 1980, rechts der Schanze, noch drei Unterstände.
Dieses vermutlich von den Schweden engelegte Bollwerk diente wohl als Gegenbasis zur Burgfeste Dilsberg und überwachte flussaufwärts den von der Burg Dilsberg in Richtung Hirschhorn nicht einsehbaren Neckar.
Leider ist nun das historische "Schänzel" für immer verschwunden. Der jetzt vorgenommenen Holzfällaktion fiel dieses Geschichtsträchtige Denkmalzum Opfer. Sämtliche dafür verantwortlichen staatlichen Stellen, etwa das Forst-und Denkmalamt, haben wohl in den suren Apfel beißen müssen und das Einverständnis zu dieser notwendigen Holzfällaktion gegeben. So ist nun das "Schänzel" für die Nachwelt auf ewig verschwuunden und Dilsberg um ein geschichtliches Denkmal ärmer.
RNZ vom 21.06.2012 |